Psychologie des Wandels. Regionale und globale Produktion

Zentralisierte/globale Produktion sei in jedem Fall regionaler Produktion überlegen. Der Beitrag prüft die Plausibilität dieser Behauptung und zeigt Optionen auf, welche bei Überwindung dieses Mythos möglich werden, etwa im Rahmen gemeinschaftlicher regionaler Ökonomie.

Wenn wir durch unser Land fahren, finden wir an einigen Stellen riesige Industriekomplexe und Produktionsanlagen. In der Ausbildung wurde uns erläutert, solche Anlagen seien vorteilhaft, da man mit großen Produktionsstätten in hohen Stückzahlen produzieren könne, womit sich die Herstellungskosten für ein Produkt minimieren ließen. Das schien einleuchtend. Eine Einzelanfertigung, ein Prototyp ist stets irre teuer, wie das erste kleine Windrad mit vertikaler Achse an der US Westküste, das etwa 100.000 Dollar an Kosten verursacht hatte. Wenn es erst Firmen gibt, welche diese Räder in Massenfertigung herstellen, werden solche Räder vermutlich zu viel günstigeren Preisen zu haben sein. So weit so gut. Der Grundgedanke ist vermutlich in vielen Fällen angemessen.

Aber darf man daraus schlussfolgern, dass riesige Produktionsanlagen in jedem Falle besser sind als mehrere kleinere? Offenkundig wird das an einigen Stellen der Gesellschaft getan. Wenn etwa international tätige Saatgutkonzerne Landwirte in vielen Ländern von ihren Produkten abhängig zu machen suchen, was in manchen Ländern zu katastrophalen Veränderungen der lokalen Produktion führt. Oder wenn wir an den Schlachthof Wietze in Niedersachsen denken. Dort werden 432.000 Hühner pro Tag (!) geschlachtet. Hunderte Massentierhaltungsanlagen für jeweils zehntausende Hühner sind notwendig, damit diese Schlachtfabrik mit ausreichend vielen Tieren beliefert werden kann.

Oder stellen wir uns Energieanlagen vor, welche in der Vorstellung einiger Planer nach dem Fossil- und Nuklearzeitalter die Energie liefern sollen: Da wird an Mega-Anlagen gedacht, an Sonnenstrom aus Marokko für Europa, an Windstrom aus riesigen Windrad-Parks in der Nordsee für Mitteleuropa. An Pumpspeicherwerke in den Fjorden Norwegens, um Stromangebots- und Bedarfsschwankungen in Mitteleuropa auszugleichen. All das verbunden durch neu zu bauende Mega-Verteilungsnetze.

Lassen Sie uns überlegen: Gibt es vielleicht einen mittleren Weg zwischen rein lokaler Produktion von Gütern oder Energie und den in Beispielen genannten Zentral-Lösungen? Wenn wir bei der Energiegewinnung bleiben: Wäre es nicht vor einer Weichenstellung in Richtung gigantischer zentraler Anlagen und internationaler Übertragungsnetze sinnvoll, erst einmal abzuprüfen, wie viel unseres Energiebedarfes wir in den einzelnen Regionen vor Ort selbst erzeugen können (Schmuck,  2014)? Einige Regionen in Deutschland zeigen bereits, dass sie schon heute den Eigenbedarf an Strom locker mit erneuerbaren Energien decken und bereits heute Strom an Nachbarregionen abzugeben in der Lage sind. Je größer dieser Anteil ist, je stärker und leistungsfähiger solch ein „Regionenverbund“ wird, desto geringer wird der Anteil an notwendigen zusätzlichen Stromimporten aus anderen Teilen der Erde sein. Über diese Frage wird kaum in transparenter Weise in der Öffentlichkeit diskutiert, vermutlich weil starke Interessengruppen die zentrale Lösung präferieren.

Das Geschäftsmodell der bisherigen zentralisiert organisierten Energiewirtschaft auf der Basis  fossiler und nuklearer Ressourcen lässt sich vorzugsweise mit zentralen Mega-Lösungen, für die Unmengen an Groß-Investitionen erforderlich sind, fortsetzen. Von regionalen Lösungen, in denen Bürgergruppen in Städten und Dörfern ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen und im schlimmsten Fall (für das bestehende Finanzsystem) nicht einmal Kredite dafür aufnehmen, können die Profiteure des jetzigen Systems schwerlich begeistert sein (Becker, 2011).

Also wird von den genannten Interessengruppen schlicht die Notwendigkeit von zentralen Produktionsanlagen sowie von 3.000 bis 5.000 km neuen Hochspannungsleitungen behauptet. Wer das Szenario hinterfragt, gerät in Gefahr, als „Gegner“ einer erforderlichen Energiewende abgestempelt zu werden. Bei den neuen Stromnetzen sind riesige Summen an Geld im Spiel: Ein 75 km  langes Teilstück einer solchen Leitung, das von Casirel-Aragon über die Pyrenäen nach Baixas-Santa Llogaia in Spanien führt, wurde nach Jahrzehnte andauernden Konflikten mit Anwohnern mit Kosten von  800 Millionen Euro fertiggestellt. Davon zahlte die EU Kommission 225 Millionen. Mit Geld aus Steuern oder aus Bankkrediten, die dann Zinssprudeln und Wachstum in Gang halten. Sie kennen das nun schon.

Rechnen Sie einmal hoch, was die 3000 – 5000 km geplanten neuen Hochspannungsleitungen an Kosten verschlingen werden. Selbst wenn es nicht überall so teuer wird wie im Gebirge, werden Sie auf Zahlen kommen, bei denen normal Sterblichen schwindlig wird beim Zählen der Nullen links vom Komma. Woher könnten diese Unsummen kommen? Schauen Sie sich einmal das Budget der EU an, die pro Jahr verfügbaren Geldsummen. Und dann: Eigenständiges Denken nach Sokrates einschalten. Welche Konsequenzen für künftige Energiepreise leiten Sie aus einem derartigen Szenario ab?

Zurück zum roten Faden: Dass es nicht nur diese Fata Morgana Version einer Energiewende gibt, sondern auch die Idee eines Regionenverbundes, wird von Befürwortern der Zentralidee bei ihrer Argumentation gern übergangen. Dabei sind die Alternativen mittlerweile kaum noch zu übersehen. Sie sprießen aus dem Boden wie Pilze nach dem Regen! Viele Regionen in Deutschland streben eine hundertprozentige Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien an. Einige unter diesen haben dieses Ziel im Strombereich bereits erreicht oder übertroffen. Etwa 200 Dörfer haben den Löwenanteil des eigenen Strom- und Wärmebedarfes auf lokal verfügbare Bioenergie umgestellt. Die Menschen dort sind mit der neuen Energieversorgung sehr zufrieden, wie sich in einer eigenen Studie zeigte, in der 21 dieser Dörfer analysiert wurden.  Die Anzahl von weiteren regionalen Projekten mit erneuerbaren Energien ist mittlerweile in Deutschland kaum mehr überschaubar.

Und dann gibt es noch einige Dutzend Regionen, Stadtwerke und Gemeinden, etwa Waldkirch in Baden-Württemberg, die ihre lokalen Stromnetze von den großen Stromversorgern und -Verteilern zurückgekauft haben oder gerade dabei sind, dies zu tun. Also genau das Gegenteil einer Zentralisierung praktisch betreiben. Rekommunalisierung nennt man das (Theobald, 2010).

In Schönau im Schwarzwald leben Familien, die nach dem Tschernobyl-Atomunfall nicht länger Atomstrom beziehen wollten. Diese Menschen der Elektrizitätswerke Schönau bieten heute bundesweit atomfreien Strom an und kaufen die Stromnetze in Schönau und Umgebung zurück, um den sauberen Strom auch in Eigenregie vor Ort verteilen zu können. 

Ein weiteres Problem der zentralisierten Erzeugung stofflicher Produkte besteht darin, dass mit steigendem Zentralisierungsgrad die Transportkosten für Rohstoffe und Fertigprodukte zunehmen. Stellen wir uns zum Beispiel vor, jedes Dorf habe eine eigene Mühle zum Mahlen des Getreides. Dann wären die Transportwege für Getreidekörner (vom Feld) und Mehl (zum Bäcker) kurz. Gäbe es hingegen nur noch eine zentrale Mühle pro Bundesland oder Nation, wären die Wege des Getreides und des Mehles viel länger.

Müssten längere Transportwege nicht die Preise der Produkte in die Höhe treiben? Dieses Prinzip, das in einer funktionierenden Marktwirtschaft mit ehrlichen Preisen „Zentralmühlen“ verhindern würde, ist in der Gegenwart nicht sehr wirksam. Wieso? Weil die Preise für die Transporte, also für Treibstoffe wie etwa Schiffsdiesel oder Kerosin, verschwindend gering sind. Daher können Sie Äpfel oder Zwiebeln aus Neuseeland im Regal Ihres Marktes finden, welche etwa gleich viel kosten wie Früchte aus Ihrer Region.

Warum sind die Preise fossiler Rohstoffe und der Treibstoffe niedrig? Die Rohstoffe liegen bekanntlich in der Erdkruste bereit und müssen nicht aufwändig produziert, sondern lediglich in Treibstoffe umgewandelt werden. Und die Rekultivierung von Bergbaufolgelandschaften oder den Bau von Endlagern für Nuklearabfälle - das wird auf die lange Bank geschoben.

Da ist es wieder, das Pyramidenspiel in Aktion: Die heute Wohlhabenden in den Industrieländern profitieren von endlichen Rohstoffen. Und die künftigen Generationen, also die Teilnehmer der nächsten Runden des Spieles, haben dafür zu bezahlen.

Die Zentralisierung der Produktion bringt auch ein psychologisches Problem mit sich: Je weniger Produktionsanlagen es in einem Land  gibt, desto weniger Menschen können direkt beobachten und erleben, wie das Gut entsteht. Und sie können daher auch nicht recht beurteilen, ob und inwieweit wie man ein Produkt selbst herstellen oder reparieren könnte. Wenn Menschen aber nicht mehr selbst in der Lage sind, eine defekte Kaffeemaschine oder das kaputte Fahrzeug zu reparieren, ist das psychologisch gesehen ziemlich schlimm: Je mehr Produkte das täglichen Bedarfs aus anonymen Produktionsketten stammen, desto stärker werden die Abhängigkeiten der Konsumenten. Mehr und mehr Lebenszeit wird erforderlich, um Geld für Kauf und Reparaturen aufzuwenden.

Damit können wir uns möglichen Lösungen im vorliegenden Themenfeld zuwenden. Ist es eine Illusion, die eigene Nahrung, die benötigte Energie oder sogar Häuser, Fahrzeuge und oder andere komplexe Dinge selbst herzustellen?

Beginnen wir mit der Nahrung: In Deutschland gibt es derzeit knapp 500 regionale Erzeugergemeinschaften, die solidarische Landwirtschaft betreiben. Vor zehn Jahren waren es erst 60. Da ist vielleicht eine in Ihrer Nähe? Weiter gibt es Permakulturgärten, städtische Gärten („urban gardening“) und interkulturelle Gärten. Bei vielen dieser Initiativen, welche sich über Internet Suchprogramme finden lassen, können Sie sich als Konsument und/oder als Unterstützer der Produktion anschließen.

Etwas schwieriger wird es bei der Energie. Wie läßt sich die selbst benötigte Energie herstellen, gemeinsam mit den Menschen der Siedlung, des Dorfes oder Stadtteils, in dem ich lebe?  Mit dem Strom ist das  technisch heute gar kein Problem mehr: Solarmodule auf Hausdächern kann man sich mittlerweile in jeder Siedlung ansehen. Die Photovoltaik Anlage meiner Familie erzeugt das Dreifache des von uns benötigten Stroms. Wenn Sie in einer Mietwohnung mit Balkon leben, können Sie an Ihrem Balkon eine kleine Solarstromanlage anbringen. Sie finden Anbieter dieser Technik im Internet unter dem Stichwort „Balkonkraftwerk“.  

Es ist sogar schon möglich, mit erneuerbarer Energie eine kontinuierliche Stromversorgung sicherstellen. Auch für die Zeiträume, in denen keine Sonne scheint oder kein Wind weht. Wie das durch Verknüpfung der Energiequellen sowie Energiespeicher praktisch funktioniert, können sie sich in Feldheim anschauen (zwischen Berlin und Leipzig bei Treuenbrietzen gelegen). Dort versorgen Wind, Solar- und Bioenergieanlagen sowie Stromspeicher über ein eigenes Stromnetz die etwa 40 Häuser des Dorfes komplett und stabil mit Strom.

Die Agentur für erneuerbare Energien bereitet die neuen Informationen auf diesem sehr dynamischen Gebiet in hervorragender Weise auf. In einem Sammelband dieser Agentur über regionale Energieversorgung „Kraftwerke für jedermann“ finden Sie eine Fülle an weiterführenden Überlegungen und bereits umgesetzten Vorhaben.

Kommen wir zur Heizenergie, einem bislang weniger betrachteten, aber eminent wichtigen Bereich der Energieversorgung. Die Wärmeversorgung unserer Häuser benötigt etwa den 10-fachen Energieaufwand verglichen mit dem Strombedarf. Das können Sie leicht überprüfen, wenn Sie Ihre letzten Jahresabrechnungen für Strom und für Heizung hinsichtlich der jeweiligen Kilowattstunden-Anzahl vergleichen. Also ein guter Grund, einmal zu überlegen, wie wir unsere Wohnungen und das Badewasser warm bekommen, wenn wir das nicht länger mit fossilen Treibstoffen tun mögen. 

In Bulgarien schraubt man einfach ein Fass aufs Dach, streicht es schwarz an, füllt nachts kaltes Wasser ein und kann am nächsten Abend heiß duschen. Hab ich selbst dort gemacht, schon vor einigen Jahrzehnten. Und diese sehr sinnvolle Sache gibt es inzwischen auch hierzulande in Form von Solarthermieanlagen. Die schaffen es im Sommerhalbjahr locker, Ihr gesamtes Brauchwasser zu erwärmen, wenn der Speicher Ihrem Bedarf und der Sonnenscheinhäufigkeit bei Ihnen angepasst ist.

Dieses einfache Tag-Nacht Prinzip, also Wärme einfangen, wenn sie ohnehin reichlich da ist und dann nutzen, wenn man heizen oder duschen oder Wäsche waschen möchte, haben findige Köpfe auf den Sommer-Winter Ablauf in unseren Breiten hier auf der nördlichen Erdhälfte übertragen. Fassen Sie an einem schönen Sommer-Mittag bei Sonnenschein einmal auf ein schwarzes Autodach - oder legen Sie sich auf den Asphalt einer Straße (aber bitte am Rand!). Dann bekommen sie ein Gefühl dafür, was für eine Wärmemenge die liebe Sonne uns da herüber sendet.

Warum nicht diese Energie einfangen, in einem großen gut isolierten Wassertank speichern, und mit diesem heißen Wasser dann die Häuser der Umgebung im Winter heizen? Tolle Idee, dachte ich, als ich das erstmals hörte, aber ist das wirklich so einfach? In Dronninglund in Dänemark überzeugte ich mich, dass das funktioniert. Inzwischen gibt es Einfamilienhäuser in Deutschland, die auf diese Weise ihre Fossil-Heizung überflüssig gemacht haben. Schauen Sie im Netz nach Aktivsonnenhaus. Und sogar Speicher, welche etwas größer sind, dafür aber viele Gebäude zu beheizen in der Lage sind. Schauen Sie sich in München die Siedlung „Am Ackermannboden“ oder in Speyer die Siedlung „Alter Schlachthof“ an. Dort kann der Wärmebedarf von vielen Dutzenden Wohnungen zu einem Anteil bereits von einem solchen saisonalen Wärmespeichern gedeckt werden. Und im Solardorf Bracht geht gerade, im Herbst 2025, eine solche Anlage in Betrieb welche einen großen Teil des Heizbedarfes im Winter mit der Wärmeenergie des vergangenen Sommers abdeckt.

Wie wollen wir uns künftig fortbewegen, wenn es um Distanzen geht, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad nicht mehr zu bewältigen sind? Gibt es eine Alternative zu Autos mit Knalltopftreibling, wie Fossil-Motoren auf Deutsch einmal genannt wurden? Zur Zeit gibt es weltweit viele Experimente mit Elektrofahrzeugen. Dort, wo diese mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden, könnte das eine gute Lösung sein. Menschen, die das heute schon tun, sind zufrieden mit dieser Art der Fortbewegung, zumindest für Kurzstrecken, wie mein Kollege André Wüste und ich in einer Interviewstudie mit solchen Personen herausgefunden haben. Von Fahrzeugen, die mit freier Energie angetrieben werden, habe ich schon gelegentlich gehört, kann sie aber noch nicht beurteilen, da ich noch keins auf Funktion prüfen konnte. Für Tipps hierzu bin ich dankbar!

Ein Argument, das ich oft höre, wenn es um die Anschaffungskosten für Solaranlagen, Windräder, Elektrofahrzeuge oder Dorfzentralheizungen auf Basis von Holz und anderer Biomasse geht: Das ist doch aber zu teuer. Wo sollen wir nur die 20 Tausend Euro für eine Solaranlage oder ein Elektrofahrzeug oder gar die eine Million für ein Windrad oder die fünf Millionen für eine neue Dorfheizung hernehmen? Früher habe ich geantwortet, dass jede Investition in eine neue, zukunftsfähige Infrastruktur eben erst mal schmerzhaft ist, sich aber in Zukunft für uns selbst und für unsere Nachkommen auszahlen wird. Gelegentlich habe ich auch auf das Gewissen gegenüber unseren Kindern und Enkeln in Sachen Atommüll verwiesen. Ich glaube, diese Argumente sind weiter tragfähig. Doch sie scheinen nicht recht überzeugend zu sein in einer Zeit, in der uns seitens unserer Kultur so viele tolle Möglichkeiten zum Ausgeben unseres Geldes auf andere Weisen angeboten werden.

Heute sage ich daher: Jeder unter uns, der sein Geld lieber für das nächste tolle Fossil-Auto, für die nächste Fossil-Heizung, für den nächsten Aktienkauf oder sonstige Segnungen der Welt von gestern und heute zurücklegen und ausgeben mag, soll das ruhig weiterhin tun.

Die anderen unter uns legen solche Beträge zusammen und investieren sie in die vielen heute möglichen Alternativen, zum Beispiel innerhalb einer der über 800 Energiegenossenschaften in Deutschland, die zur Zeit 200.000 Mitglieder haben.  In einigen Jahren wird sich zeigen, wer sein Geld besser angelegt hat. In den 21 deutschen Bioenergiedörfern der bereits erwähnten Interviewstudie liegen die Heizkosten für die ans Gemeinschaftsnetz angeschlossenen Haushalte im Schnitt bei 50% der Heizkosten für eine vergleichbare Fossilheizung (bei Vollkostenrechnung, die Anschaffung und einmalige Kosten berücksichtigt). Sollten Sie es nicht glauben, fahren Sie hin oder rufen Sie an in diesen Dörfern. Es sind die Dörfer Linnau und Honigsee in Schleswig-Holstein, Neuhof und Ivenack in Mecklenburg, Jühnde, Barlissen, Reiffenhausen, Krebeck, Wollbrandshausen und Beuchte in Niedersachsen, Tangeln und Iden in Sachsen Anhalt, Feldheim in Brandenburg, Theuma in Sachsen, Schkölen in Thüringen, Oberrosphe und Gunzenau in Hessen, Unterspeltach in Baden-Württemberg, Schäferei, Wildpoldrieth und Effelter in Bayern. Da ist bestimmt eins in Ihrer Nähe. Und sollte sich der Heizölpreis wieder einmal verdreifachen, wie es im ersten Jahrzehnt unseres Jahrtausends geschah, werden auch die Nutzer fossiler Brennstoffe irgendwann vielleicht einlenken.

Und zu guter Letzt: Kann man über all die genannten schönen Möglichkeiten hinaus auch noch selbst Windräder, Solarthermieanlagen oder Häuser bauen? Im Internet können Sie unter “Einfälle statt Abfälle” Anleitungen finden, wie Sie ernstzunehmende Haushaltgeräte, Elektromotoren, Sonnenkollektoren, Solaröfen, eine Komposttoilette oder gar ein Lehmfachwerkhaus selbst bauen können.  Und dann gibt es noch Pioniere wie David Mellis oder Marcin Jakubowski, die im  Internet dazu ermutigen, elektronische Geräte wie Handys oder größere Maschinen in Eigenbau zu produzieren. Der Visionär Gunter Pauli (2011) ist sicher lesenswert, falls Sie seine Arbeit noch nicht kennen: Er hat  aufregende Ideen für eine neue Ökonomie auf unserem blauen Planeten  zusammengetragen („blue economy“) und in der Umsetzung in vielen Ländern unterstützt. Er zeigt viele Wege auf, wie wir durch Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft nach menschlichem Maß künftig unsere Geschicke wieder stärker in die eigenen Hände nehmen können.

Sollten Sie mehr auf abenteuerliche Geschichten stehen, so lesen Sie den Tatsachenbericht über Gaviotas. Das ist ein kolumbianisches Dorf, in dem seit einigen Jahrzehnten eine Gruppe von etwa 200 Menschen unter schwierigsten Bedingungen regionale Lebensmuster mit lokalen Ressourcen und ohne fossile Rohstoffe erfindet und umsetzt (Weisman, 2012).

Die genannten Quellen finden Sie hier sowie im abschließenden Beitrag dieser Folge.

\Dieser Beitrag wurde mit dem Pareto-Client geschrieben. **