Kanzler der Blackrock-Republik Deutschland

Blackrock und Bundeskanzler Friedrich Merz wollen die Sparguthaben mobilisieren. Was hat es damit auf sich?

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“Auf den deutschen Konten, Sparkonten und laufenden Girokonten liegen 2,8 Billionen Euro. Stellen Sie sich einen kurzen Augenblick vor, wir wären in der Lage, davon nur 10 Prozent zu mobilisieren – mit einem vernünftigen Zinssatz, für die öffentliche Infrastruktur in Deutschland […]”

Friedrich Merz, Blackrock-Aufsichtsratvorsitzender 2016-2020

„Governments can’t fund infrastructure through deficits. The deficits can’t get much higher. Instead, they’ll turn to private investors.“

Larry Fink, CEO Blackrock

Liebe Abonnenten,

im Jahr 1999 lag der durchschnittliche Bruttolohn eines deutschen Arbeiters bei monatlich 2100 Euro. 26 Jahre später sind es etwa 4200 Euro. In diesem Zeitraum sind die Löhne also durchschnittlich jedes Jahr um 2,7 Prozent gewachsen. (Um die Reallöhne, also die tatsächliche inflationsbereinigte Kaufkraft soll es ausnahmsweise einmal nicht gehen.)

Im selben Zeitraum ist die globale Wirtschaftsleistung um fünf Prozent im Jahr gewachsen. Der amerikanische Aktien-Index S\&P500 legte durchschnittlich jedes Jahr um acht Prozent zu.

Die Unterschiede klingen zunächst gering. 2,7 Prozent, 5 Prozent, 8 Prozent - Peanuts, was soll’s? Deutlich werden die Bedeutung dieser Zahlen, wenn man sie in absolute Zahlen umlegt. Bei einem Zuwachs von durchschnittlich fünf Prozent würde selbiger Arbeiter heute 7560 Euro verdienen. Wäre sein Lohn so stark gestiegen wie der S\&P500, läge er bei 15.483 Euro.

Das Unternehmen Blackrock ging im Jahr 1999 an die Börse. Die jährlichen Kurssteigerungen der Aktie liegen durchschnittlich bei 21 Prozent. Aus den 2100 Euro wären damit 334.661 Euro geworden.

Nimmt man nur den Gewinn des Unternehmens, landet man bei etwa zehn Prozent Rendite nach Steuern.

Irgendwie also wächst der Finanzmarkt schneller als Löhne, und Blackrock wächst nochmals schneller als der Finanzmarkt. Wie kann das sein? Was macht Blackrock, für die bis vor wenigen Jahren der künftige Bundeskanzler Friedrich Merz tätig war?

Ein Blackrock-Deepdive:

Blackrock - the bright side

1988 gründete Larry Fink zusammen mit einer Gruppe von Mitarbeitern “Blackstone Financial Management”. Die Firma wurde 1992 in Blackrock umbenannt und ging 1999 an die Börse. Zehn Jahre später übernahm die Firma Barclays Global Investors (BGI). Letztere brachte die Marke „ishares“ mit ins Portfolio. Zum Kerngeschäft von Blackrock gehören seitdem ETFs - die vielleicht beliebteste Anlageklasse der Welt.

ETFs sind keine Erfindung von Blackrock, aber das Unternehmen hat viel dazu beigetragen, dass ETFs heute in fast jedem Portfolio zu finden sind. Bevor es ETFs gab, konnten Kleinanleger fast nur in aktiv gemanagte Fonds investieren. Dabei kaufen und verkaufen hochbezahlte Analysten Aktien und verlangen dafür eine Gebühr von zwei Prozent. Bei ETFs liegen diese im Promillebereich. Eine Gebühr von zwei Prozent mag vernachlässigbar klingen. Über die Jahre aber macht dies einen Riesenunterschied - wie das Beispiel des Bruttolohns zeigt.

Hinzu kommt: Statistisch laufen passive Indexfonds oft besser als aktiv geleitete Investmentfonds.

Blackrock ist es mit seinen ETFs gelungen, die Geldanlage zu demokratisieren. Das Unternehmen profitiert nicht von steigenden Kursen der Aktien, sondern kassiert minimale Gebühren beim Kauf und Verkauf - aber bei einem verwalteten Vermögen von 4,5 Billionen Dollar kommt eben schnell etwas zusammen. 1989 hatten nur rund 30 Prozent der Amerikaner Aktien, heute sind es über 60 Prozent. In Deutschland liegt der Anteil bei nur 15 Prozent.

Niemand muss mehr um Lohnerhöhungen bangen - er kann von der annualisierten Wachstumsrate von acht Prozent (S\&P500) profitieren, wenn er jeden Monat in Blackrock-ETFs investiert. Selber Schuld, wer nicht!

Blackrock - the dark side

Wer die letzten Jahre nicht völlig außerhalb des Schwurbelversums verbracht hat, wird mitbekommen haben, dass Blackrock Thema zahlreicher Verschwörungstheorien ist. Von Covid über die Rüstungsindustrie bis zum Wiederaufbau der Ukraine. ETFs sind tatsächlich nicht das einzige Geschäftsmodell. Hinzu kommt eine weniger transparente Vermögensverwaltung von rund sieben Billionen Dollar. Kunden sind neben Unternehmen und Familien auch ganze Staaten. Außerdem ist Blackrock Großaktionär bei tausenden von Unternehmen. Es hält große Anteile von Apple, Microsoft, Nvidia aber auch von Vonovia, Bayer und der Deutschen Bank. Und über diese Beteiligungen übt das Unternehmen Macht aus. Das bekannteste Beispiel sind ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), die Larry Fink ab 2018 propagierte. Mittlerweile ist Fink davon abgerückt, im aktuellen Jahresbrief ist davon wenig zu lesen. Das eigentliche Problem sitzt tiefer, und hat mit der Rendite zu tun.

Mehr zum Thema: Panzer statt Autos - Wie Deutschland in die Kriegswirtschaft schlittert, und dabei seine Freiheit und Wohlstand aufs Spiel setzt.

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Was hat Blackrock vor?

Zehn oder 20 Prozent Wachstum sind über einen langen Zeitraum kaum realistisch zu erwirtschaften. Dafür braucht es „Megatrends“. Künstliche Intelligenz zum Beispiel verspricht Produktivitätsgewinne, die weitaus über der Norm liegen. Was aber, wenn diese ausbleiben? Lässt sich eventuell etwas nachhelfen?

Am bequemsten ist es, wenn Regierungen Steuergelder in Richtung Unternehmen verschieben. Dann sparen sich die Profiteure auch noch die Werbekosten. Was, wenn eine Regierung ein großes Investitionsprogramm auflegt, von dem dann Unternehmen profitieren, in die Blackrock frühzeitig investiert hat? Was, wenn mehrere Regierungen dies gleichzeitig tun? Nun kann man sich fragen, bei welchen Komplexen dies zuletzt der Fall war. Blackrock hält ungefähr sieben Prozent der Pfizer-Aktien und rund ein Prozent von Biontech. Etwa fünf Prozent von Rheinmetall-Aktien sind…

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