Wie kann man in einer traumatisierten Gesellschaft authentisch sein und nebenbei noch Frieden machen?
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Ungeschminkt (Teil 2)
Irgendwie hatte ich das Gefühl, noch nicht alles gesagt zu haben zum Thema „Liebe ist die stärkste Kraft“ und „Wie wir das erinnern können“.
Wie können wir authentisch sein? Was bedeutet es, authentisch zu sein? Menschen, die authentisch sind, wirken auf mich nachvollziehbar, berechenbar, vertrauenswürdig. Mit solchen Menschen komme ich gut klar, auch wenn sie eine andere Schwingung haben als ich. In einer traumatisierten Gesellschaft ist Authentizität jedoch eine leise Melodie, die immer wieder von knatternden Motoren, aufdringlichen Marktschreiern und dem ewigen Geheule der Sirenen, die Sicherheit und Rettung versprechen, übertönt wird.
Mir gehen so viele Fragen durch den Kopf, und Gefühle schütteln mich. Gefühle sind ansteckend. Wenn ich bei anderen Menschen Gefühle wahrnehme, auch wenn sie noch so gut und positiv verpackt sind, dann spüre ich, wie auch bei mir entsprechende Impulse hochkommen, die teils heftig sind. Ich nehme sprachlich transportierte Gefühle bewusst wahr, bevor ich den Inhalt des Gesagten des Gegenübers verarbeitet habe. Ich nehme sie wahr und fühle sie dann auch. Wenn ich wissen möchte, wie sich ein anderer Mensch fühlt, dann fühle ich einfach in mich hinein. Ich bin ein Resonanzkörper für die Gefühle anderer Menschen. Wenn man aufhört zu REagieren, dann beginnt man unweigerlich zu REsonieren. Das ist ein bewusstes Einlassen in die Gefühlswelt des Gegenübers. Ich möchte das dann in dem Moment fühlen, was der andere fühlt. Und wenn mir eine Energie zu viel wird, dann gehe ich wieder RAUS. Dann grenze ich mich ab. Eigene Grenzen sind die Voraussetzung für gesunden Kontakt, gesundes Miteinander. Dann gehe ich selbst in Bewegung, setze eine andere Schwingung in Gang, mache etwas im Haushalt, höre Musik oder gehe in die Natur. Dann bin ich RAUS und komme wieder ZU MIR. Dann spüre ich wieder meine eigene Schwingung. Ich glaube, jeder Mensch kann das, wenn er seinen Resonanzkörper gereinigt hat und gelernt hat, mit diesem Instrument umzugehen. Im Moment brauche ich viel Zeit für Haushalt, Musik und Spaziergänge, weil ständig etwas in mir nachklingt, was ich gelesen oder gehört habe. Ich spüre die Gefühle der Menschen im WIDERstand. Das Wort passt gerade besser für mich als das Wort „Friedensbewegung“. Wir sind noch im WIDERstand, aber noch nicht in der friedensBEWEGUNG. WIDERstand ist das Gegenteil von MITgehen. Jedenfalls höre ich diesen Menschen zu und fühle rein. Manchmal passt Inhalt und Gefühl zusammen, manchmal nicht. Oft reden wir (ich beziehe mich da ein) von Frieden, sind aber selbst noch nicht im Frieden. Und das ist ok, denn wir sind in einem Transformationsprozess, Lernprozess. Frieden ist schön, aber es ist kein Dauerzustand, den man, einmal erreicht, dann als Abo hat, wie eine Dauerkarte für den Fußballverein. Man muss jeden Tag etwas dafür tun. Ich muss auch jeden Tag etwas dafür tun. Mein Resonanzkörper will jeden Tag gestimmt werden. Je nach Umwelteinfluss neigt er zu Verzerrungen, und dann werden meine eigenen Töne schief.
Aller Anfang ist schwer. Das Instrument ist gereinigt, gestimmt, und dann kommen die ersten Töne raus und klingen schief. Hm. Es wird Frieden gefordert, aber der Ton ist rau. Es ist halt noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wir alle sind Meister und Schüler zugleich. Es kommt halt auf das Stück an, das gerade gespielt wird. Wir lernen vom anderen. Und der andere lernt von uns. Jeder Ton wird gebraucht. Und schiefe Töne brauchen Pausen. Ich brauche manchmal Pausen. Das Universum atmet dann einmal tief durch und erhebt erneut den Dirigentenstab. Das Universum weiß schließlich, wie schön wir zusammen klingen können, denn wir SIND die uralte Musik, die jetzt auf neuen Instrumenten lernt. Wir sind quasi Profis, die mal was Neues ausprobieren wollten. Persönliches Wachstum hat seinen Preis. Und vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt.
Frieden ist harte Arbeit. Die vielen Stimmen auszuhalten, ist für mich manchmal harte Arbeit. Ehrlicher Schweiß ist aber nie älter als drei Tage. Und auch Groll sollte nach drei Tagen verzogen sein, weil er sonst wie alter Schweiß auf andere Menschen wirkt. Also mache ich Hausarbeit, höre Musik und gehe spazieren. Ich möchte schließlich nicht, dass Groll in diese Artikel fließt, die ich schreibe. Aus der Angst heraus, nach unangenehmem Schweiß zu riechen, verzichten manche Menschen, die Frieden herstellen wollen, auch ganz auf den Groll. Sie unterdrücken ihre ärgerlichen Gefühle, wollen diese nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Ich möchte den Groll auch nicht zeigen, aber ich habe ihn zeitweise.
Wie soll man frei von Groll leben, wenn man Mitglied einer traumatisierten Gesellschaft ist? Wenn ich den Groll gerade nicht habe, dann hat ihn ein anderer oder umgekehrt. Dies ist eine typische Dilemma-Situation. Mit Groll in der Stimme den Frieden fordern, kommt nicht gut an. Sich den Groll verkneifen, funktioniert auch nicht, denn viele Leute hören den Groll dennoch zwischen den Zeilen raus. Wie wäre es mit authentisch sein?
Ja, dann ist man bei diesen psychologischen Ratgeberbüchern oder Coaches gelandet, die Dir sagen, wie Du stets freundlich mit Deinem Mann reden sollst, oder? „Schatz, ich bin heute voller Groll, weil Du zum wiederholten Male die Spülmaschine nicht ausgeräumt hast.“ Oder „Kevin, kannst Du BITTE aufhören, die Mama zu treten? Die Mama ist sonst traurig.“ Das ist doch nicht authentisch. Bei näherer Betrachtung sind psychologische Ratgeberbücher über Gewaltfreie Kommunikation oder Bücher mit Titeln „Wie überwinde ich meine Prokrastination?“ in meinen Augen psychologische Operationen von der dunklen Seite der Macht, denn sie suggerieren uns, dass unser Groll nicht ok ist oder dass es bei Trauer oder depressiven Gefühlen nicht ok ist, mal einen Gang runterzuschalten, weil eine Gesellschaft, die auf Leistung und Anpassung setzt, sich so etwas nicht leisten kann. Und wer dennoch runterschaltet, soll wenigstens ein schlechtes Gewissen haben. Das System ist perfide. Diese Bücher beraten auffallend deutlich in die falsche Richtung, werden aber dennoch gut verkauft, weil sie sich einen wissenschaftlichen Anstrich geben. Die Gewaltfreie Kommunikation entstand in den 60er Jahren nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Damals passte das. Heute ist es wichtig, den Mund wieder aufzumachen. Mich erinnern diese Psychoratgeber manchmal an Hunde, die im Sicherheitsdienst eingesetzt werden. Erst wird der Hund scharf gemacht, lernt, zu beißen, und dann läuft er 90 % seines Lebens immer unter Strom stehend an der kurzen Leine mit einem Maulkorb herum. Wir werden aktuell kriegstüchtig gemacht, was auch immer das bedeuten soll, und im Buchhandel liegen Bücher, die Dir Gewaltfreie Kommunikation oder Training Sozialer Kompetenz vermitteln. Das beißt sich. Es wird versucht, uns systematisch von unseren natürlichen und spontan auftretenden Gefühlen zu entkoppeln. Oft funktioniert das mit der Moralkeule, aber manchmal auch mit materiellen Anreizen. Für Geld lassen sich Menschen viel gefallen. Offensichtlich sind unsere authentischen Gefühle ein Problem für das System. Aber ich komme zu weit vom Thema ab.
Authentisch sein ist gar nicht so einfach (bzw. es wird einem nicht einfach gemacht). Manche Leute haben ja auch traumabedingt wenig Reflektionsvermögen bezüglich des eigenen Grolls. Die reden aggressiv und halten das für normal. Und andere sind aggressiv gehemmt, trauen sich nicht, etwas zu sagen, und finden das normal. Keiner kann so einfach aus seiner Haut heraus.
Also, wie kann man zum Frieden kommen, wenn alle so unterschiedliche Voraussetzungen haben oder die richtigen Bücher zur falschen Zeit lesen?
Ich werde diesen Gedanken noch weiterspinnen, aber vorher mache ich noch die Wäsche und einen langen Spaziergang. Meine Hauptarbeit ist zur Zeit, meinen eigenen Groll wahrzunehmen, reguliert zu bekommen, zu verstehen, was mich so getriggert hat an einer Info, die bei mir reingekommen ist, und dann zu versuchen, aus diesem Sch…gefühl Gold zu machen. Meine Gefühle sind mir ebenso wichtig wie die Gefühle anderer. Ich versuche, mit ihnen zu arbeiten. Sie enthalten oft Informationen aus einer anderen Zeit, sie hängen zusammen mit Glaubenssätzen unserer Ahnen. Gefühle wie Groll zeigen an, dass unsere Überzeugungen verletzt werden. Welche Überzeugungen sind das? Sind diese Überzeugungen es wert, dass ich sie aufrecht erhalte? Mein Groll liefert mir jeden Tag haufenweise Fragen. Ich nehme mir Zeit für diese Fragen, denn ich möchte wissen, ob ich alte Überzeugungen im Gepäck habe, die verworfen werden können. Oder muss ich anderen Menschen einfach die Zeit geben, die sie brauchen?
Und vor allem möchte ich wissen, wie ich Frieden machen kann mit so vielen unterschiedlichen Stimmen, die auch den Frieden wollen.
Ich weiß, dass das geht, denn wir SIND uralte Musik. Wir klingen wunderbar zusammen.
Deshalb heiße ich meinen Groll willkommen, wenn er kommt. Denn er zeigt mir, sowohl bei mir als auch bei anderen, die Stellen, die verletzt sind und geheilt werden wollen.
Und etwas in Heilung bringen, bedeutet ja schließlich Frieden.
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