Ein Beitrag zur Friedensertüchtigung von Kurt Tucholsky – geschrieben vor 100 Jahren. Zugleich der Beginn der neuen Rubrik "Klassiker".
Autor: Kurt Tucholsky. Dieser Beitrag wurde mit dem Pareto-Client geschrieben. Sie finden alle Texte der Friedenstaube und weitere Texte zum Thema Frieden hier. Die neuesten Pareto-Artikel finden Sie auch in unserem Telegram-Kanal.
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Dein eines Bein ist in Flandern,
das andre mit dir in Berlin;
du kannst aber mit dem andern
nicht die Bettelwege ziehn.
Du hast keine gute Prothese.
Deine Lungen sind dir zerschossen
du brauchtest eine Kur,
auf Inseln, meerumflossen,
und sei es auf Monate nur …
Du hast aber kein Geld.
Du tastest dich tappend weiter,
Blinder. Du lachst nie mehr, und
du ersehnst so einen Begleiter –
du hast nur deinen Hund.
Mit dem sprichst du.
Eure Gesundheit, Kuren, Prothesen
frißt einer für sich allein.
Er ist euer Kaiser gewesen
und (von hinten) die Wacht am Rhein.
Hört ihr die Zahl, Verdammte?
Sechshunderttausend im Jahr
zahlen kaisertreue Beamte
dem Feigling mit Kaiseraar!
Er führt sein altes Leben,
er ist der alte Fex,
von teuern Nullen umgeben:
Imperator Rex.
Er kann sich Pelze kaufen,
sein Vermögen steigt hoch, hoch, hoch!
Ist einer von euch entlaufen,
der sitzt im Zuchthausloch.
Ihr und eure Frauen,
elender Abfall vom Krieg –:
Bedankt euch bei dieser flauen
bei dieser Republik –!
Zuerst erschienen unter dem Pseudonym Theobald Tiger in: Die Weltbühne, 01.12.1925, Nr. 48, S. 828.
Kurt Tucholsky (1890–1935) war einer der scharfzüngigsten Publizisten der Weimarer Republik – ein Pazifist, Satiriker und unermüdlicher Mahner gegen Militarismus und autoritäres Denken. Unter zahlreichen Pseudonymen schrieb er für die Weltbühne und andere bedeutende Blätter seiner Zeit, stets mit der Feder als Waffe gegen geistige Trägheit, politische Verrohung und das Wiedererstarken nationalistischer Ideologien. Sein Werk, das zwischen spöttischem Witz und bitterem Ernst pendelt, bleibt bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis für die Verantwortung des Wortes in Zeiten der Umbrüche. Tucholsky starb 1935 im schwedischen Exil – enttäuscht von einer Welt, die auf seine Warnungen nicht hören wollte.
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