Psychologie des Wandels. Endliche Ressourcen

Die uns verfügbaren Ressourcen seien im Prinzip endlos. Der Beitrag prüft die Plausibilität dieser Behauptung und stellt die Gewinne dar, welche bei Überwindung dieses Mythos und einer Orientierung an einem Leben in einer Kreislaufwirtschaft erwartet werden dürfen.

In den Medien finden sich regelmäßig Berichte, nach denen neue Lagerstätten  an Erdöl, Erdgas oder anderen Rohstoffen gefunden werden. Es entsteht der Eindruck, dass man - bei gründlichem Suchen - in alle Zukunft hinein ausreichend Bodenschätze finden könnte, um den heute verbreiteten Lebensstil der Menschen in den Industrieländern problemlos fortsetzen zu können.  Dieser Eindruck täuscht über die Ressourcen-Beschränkungen, denen wir Menschen unterliegen, hinweg, und zwar gleich in zweifacher Weise.

Zum einen wissen wir aus dem Geographie-Unterricht, dass unser Planet einen festen Radius hat und somit sein Volumen mitsamt allen Schätzen, die in diesem Volumen verborgen sein mögen, endlich ist. Die Zahl an Kubikkilometern, aus denen unsere Erde besteht, lässt sich bei Kenntnis des Radius oder Durchmessers der Erde bestimmen. Und Erzlager, Kohleflöze, Erdgasblasen  und Erdöllagerstätten, Mineralsalzvorkommen, was auch immer – es gibt da sicher eine ganze Menge, aber all diese Mengen sind endlich. Wie auch Uran oder die mit Fracking lösbaren fossilen Rohstoffe - das wird bei Debatten über die Nutzung dieser Ressourcen als Rettungsanker gern übersehen.

Wer diese prinzipielle Beschränkung verstanden hat, freut sich dann gern an dem Gedanken, dass wir  ja auch nachwachsende Rohstoffe, Pflanzen, Bäume oder sonstige Lebewesen haben. Von diesen konnten ja schon viele Generationen unserer Art ganz gut leben, bevor man mit dem Abbau der endlichen Rohstoffe begann. Und diese Ressourcen scheinen für den Zeitraum, solange die Sonne die erforderliche Energie sendet,  prinzipiell unendlich zu sein, da sie nachwachsen. Und der Zeitraum ist beruhigend, es handelt sich um einige Milliarden Jahre.

Ist dieser Gedankengang angemessen? Leider nicht. Zwar wird die Sonne noch sehr lange Zeit strahlen, doch die Menge an Energie, die sie uns sendet, ist  - für eine Zeiteinheit von einem Tag oder einem Jahr - strikt begrenzt. Die Energiezufuhr, welche die Erde pro Jahr oder pro Tag durch die Bestrahlung der Sonne erhält, ist wie das Volumen der Erde eine feste Zahl. Sie ermöglicht das Aufwachsen einer bestimmten Menge von Lebewesen pro Jahr, ist aber nicht endlos.

Auch wenn wir die Wende hin zu erneuerbaren Energien sowie nachwachsenden Rohstoffen einmal geschafft haben, ist nicht das Paradies unbegrenzt vorhandener Rohstoffe erreicht. Auch dann haben wir es mit einer festen Größe der pro Zeiteinheit verfügbaren Menge an Energie und Rohstoffen zu tun. Diese Ressourcen sind nach menschlichem Zeitmaßstab zwar noch über sehr lange Zeit verfügbar, aber dennoch beschränkt.

Lassen Sie uns den Mut fassen, einmal auszurechnen, wieviel fruchtbares Land jedem Erdbewohner zur Verfügung steht: Laut FAO, der Welternährungsorganisation gibt es auf der Welt derzeit etwa 1.4 Milliarden Hektar Ackerland. Teilen wir diese Zahl durch 7 Milliarden Menschen erhalten wir 0.2 Hektar pro Kopf. Bei steigender Weltbevölkerung und weiterer Abnahme fruchtbarer Böden wird sich diese Zahl weiter reduzieren, davon lassen Sie uns hier absehen. Das sind 2000 Quadratmeter, also ein recht großer, schon komfortabler Garten, da kann man einiges anfangen. Wieviel Brot, Gemüse, Fleisch, Eier verzehren wir pro Jahr? Wieviel Quadratmeter benötigen wir pro Kopf dafür? Wenn wir noch die Kleidung einbeziehen, deren Herstellung auch Landfläche braucht, und nachwachsende Rohstoffe für Energie, für Kugelschreiber oder Haushaltgegenstände, die in der Zeit nach der Wende zu nachwachsenden Rohstoffen die erdölbasierte Plastikindustrie ablösen werden, dann wird es eng: In Deutschland beansprucht der aktuelle Bedarf an Agrarrohstoffen pro Kopf 2900 Quadratmeter (davon werden 1700 für tierische Lebensmittel, 600 für pflanzliche Lebensmittel und 600 für Energie und Rohstoffe verwendet) .

Von wieviel Erzeugnissen aus Plastik oder anderen endlichen Rohstoffen sind Sie gerade umgeben? Möbel, Kleidung, Computer, Schreibgegenstände? Die meisten davon werden vermutlich in der „Zeit danach“ aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen sein. Wie können Lösungen in den Blick kommen? Vielleicht hilft es weiter, wenn wir uns als Maßstab für unseren Konsum die Frage vorlegen, welche Produkte und Lebensmittel wirklich wichtig und wertvoll sind und welchen Anteil der verfügbaren Fläche diese beanspruchen? Und nicht länger nur das verfügbare Geld in Betracht ziehen – indem wir uns einfach diejenigen Dinge leisten, die der Geldbeutel gerade hergibt?  Ein Beispiel: Für ein Kilogramm Fleisch sind ca. zehn Kilogramm Getreide erforderlich, denn die Tiere müssen ja ordentlich futtern, damit sie Fleisch ansetzen. Hier wird deutlich, dass der Verzehr von Fleisch ein Vielfaches an Fläche beansprucht - verglichen mit dem Verzehr von Getreideprodukten.

Wenn Sie diesen Gedanken folgen, können wir nun nach konkreten Möglichkeiten schauen: Was lässt sich heute tun, um bezüglich der Ressourcenbeschränkungen nicht zu einer weiteren Verschärfung der Situation in den Industrieländern mit ihrer Verbrauchs-, und Wegwerfmentalität beizutragen? Wo könnten sich neue Wege eröffnen, die der Beschränkung aller verfügbaren Ressourcen – der endlichen, aber auch der nachwachsenden - Rechnung tragen?

Bezogen auf die endlichen Ressourcen wie Metalle oder fossile Rohstoffe scheint eine konsequente Kreislaufwirtschaft („sharing economy“) das Gebot zu sein. Hierzu finden Sie im Internet eine Vielzahl an Angeboten, welche das Wiederverwenden, Reparieren, Leihen, Tauschen von Produkten zum Inhalt haben. Fossile Rohstoffe zu verbrennen wäre in dieser Perspektive ein Tabu, worauf auch Schumacher (2013) in dem Entwurf einer buddhistischen Ökonomie verweist. Möglichkeiten und Grenzen einer alternativen Energieversorgung mit erneuerbaren Energiequellen werde ich in einem späteren Kapitel ansprechen. 

Darüber hinaus gibt es auch in Industrieländern mittlerweile viele Gruppen von Menschen, die sich auf den Weg gemacht haben, ihr Leben auf die Grundlage vorrangig nachwachsender Rohstoffe der Region zu stellen. Wie es auch schon in früheren Zeiten in unserem Land üblich war – wovon Sie sich in einem Besuch im Museumsdorf Finsterau im Bayrischen Wald überzeugen können. Die Menschen der Siedlung „Sieben Linden“ in der Altmark zum Beispiel entwickeln Ideen für ein zukunftsfähiges und erfüllendes Leben auf der Basis lokaler Ressourcen und haben dabei ihren Bedarf an fossilen Rohstoffen auf einen Bruchteil des deutschen Durchschnitts gesenkt.

Im Internet können Sie zahlreiche Ansätze und Aktivitäten hierzu aufstöbern. Schauen Sie nach „einfacher leben“. Und aus eigener Erfahrung kann ich vielleicht noch ergänzen, dass es einen Riesen-Spaß macht, mit den eigenen Händen etwas zu bauen. Aus Materialien, die gerade verfügbar sind. Ich habe kürzlich mit einem Bruder und einem Neffen ein Baumhaus für die Kinder in meiner Familie gebaut, mit ausgedienten Zaunfeldern und einem Strohdach. Oder Kleinwindräder nach menschlichem Maß, mit wenigen geschickten Leuten unter Anleitung von Jonathan Schreiber, der seit vielen Jahren Kurse zum Bau solcher Anlagen anbietet. Und da lässt sich noch viel mehr bewerkstelligen, worauf ich im Beitrag über regionale Güterproduktion zurückkommen werde.

Die genannten Quellen finden Sie hier sowie im abschließenden Beitrag dieser Folge.

\Dieser Beitrag wurde mit dem Pareto-Client geschrieben. **