Die Überwachung aus dem Weltall – Von Tom-Oliver Regenauer (Teil 1/2).
Autor: Tom-Oliver Regenauer. Dieser Beitrag wurde mit dem Pareto-Client geschrieben. Sie finden alle Texte der Friedenstaube und weitere Texte zum Thema Frieden hier.
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Der erdnahe Orbit steht zunehmend im Fokus militärischer und geheimdienstlicher Entwicklungsprojekte. Von Starshield über Picosatelliten und »Quantensicherheit« bis hin zu »Directed Energy Weapons« – die Militarisierung des Weltalls ist in vollem Gange.
»Fixed Wireless Access« (FWA) zielt darauf ab, Breitbandinternet über festgelegte Standorte zugänglich zu machen – also über Verteiler und Zugangsknoten, die Signale nicht mehr klassisch via Kabel, sondern über Funk versenden und empfangen. Zu diesen Knoten gehören neben Mobilfunkmasten auch WLAN-fähige Router, Repeater, Smartphones und Satelliten – und neuerdings auch jedes Gerät, das als Baustein des kontinuierlich wachsenden »Internet of Things« (IoT) verstanden wird und in der Lage ist, Funksignale zu verarbeiten. So werden nun zum Beispiel auch Straßenlaternen, Ampeln, PKWs, Leuchtmittel fürs »Smart Home« oder Kinderspielzeuge mit 5G-Internetzugang ausgestattet. Letztere – »Smart Toys« – offenbar nicht zuletzt, um »Verhaltensprofile von Kindern« zu erstellen und diese per Satellit in alle Welt zu übertragen. Weil 5G-Frequenzen sich in etwa »wie Licht verhalten«, benötigen sie »verbesserte funktechnische Übertragungsverfahren. Sollen größere Distanzen bis zu einem Kilometer überbrückt werden, sind Sichtverbindungen und eine fokussierte Ausrichtung der Funksignale notwendig«.
Kurzum: Die »Smart City« Agenda bedingt, dass Funkmasten, Repeater und sonstige Knotenpunkte immer engmaschigere Netze bilden. Mesh-Netzwerke. Damit verbunden sind eine massive Zunahme der Strahlenbelastung vor allem in urbanen Räumen sowie eine immer lückenlosere Überwachung der Bevölkerung durch Dritte – Tech-Konzerne, Mobilfunkanbieter, Behörden und auch Hacker, die sich die Schwachstellen der Infrastruktur zunutze machen. Nicht umsonst gibt es seit Jahren diverse Petitionen, die vor den gesundheitlichen Gefahren des 5G-Ausbaus warnen. Eine davon, datiert vom September 2017, wurde von über 260 Wissenschaftlern und Medizinern unterzeichnet, die die EU aufforderten, ein Moratorium zum 5G-Ausbau zu beschließen. Auch ein Papier aus den Niederlanden vom 20. Februar 2019 mahnte »EU, UN, WHO und die Regierungen aller Länder, den Ausbau von 5G auf der Erde und im Weltall zu stoppen«. Passiert ist dahingehend allerdings nichts. Denn wie nicht anders zu erwarten, verhallten derartige Warnungen ergebnislos auf den langen Fluren herrschaftlicher Entscheidungsgewalt – weil neben UN, EU und WHO natürlich auch die Bundesregierung »keinerlei Bedenken hinsichtlich gesundheitlicher Gefahren im Zusammenhang mit dem beabsichtigten 5G-Netzausbau« hegt.
Dennoch ist sich eine stetig wachsende Zahl von Mitmenschen bewusst, welche Gefahren die 5G-Technologie mit sich bringt. Dementsprechend problematisch gestaltet sich langfristig der Ausbau terrestrischer Netze. Denn aus Sicht des Systems bergen diese zwei signifikante Risiken: Zum einen erschweren verbesserter Kenntnisstand in der Bevölkerung juristische Scharmützel, Petitionen und Vandalismus den schnellen Ausbau der Netzwerktopologie. Zum anderen sind stationäre Knotenpunkte am Boden – weil 5G-Strahlung sich »wie Licht verhält« – nur für dicht besiedelte Gebiete geeignet. Aus diesem Grund fokussiert man sich im Elfenbeinturm zwischenzeitlich auf eine weniger beachtete Sphäre, um den Ausbau der Geofencing-Haftanstalt voranzutreiben: Den erdnahen Orbit.
Dort, auf Umlaufbahnen, die sich in einer Höhe von 150 bis 300 Kilometer über dem Meeresspiegel befinden, sollen bis 2030 zwischen 57.000 und 105.000 Satelliten kreisen – je nachdem, welcher Prognose man folgt. China Military Online verkündete 2022 zum Beispiel, dass im »Low Earth Orbit (LEO) maximal 50.000 Satelliten Platz finden und dass, wenn die geplanten 42.000 Starlink-Satelliten installiert sind, 80 Prozent dieser strategischen Ressource monopolisiert sind« (John Antal: Next War, Reimagining How We Fight, Barnsley 2024, S. 125 ff). Mit Ende August 2025 hat SpaceX bereits 8.295 Starlink-Einheiten im Weltall platziert. Weitere 19.427 Satelliten wurden genehmigt. Und 22.488 beantragt. Die von US-Militär und Geheimdiensten genutzte Variante Starshield, für die SpaceX zuletzt 1,8 Milliarden Dollar vom US-Verteidigungsministerium erhielt, nicht mitgerechnet – obwohl, oder gerade weil »Starlinks Schwester alle überwachen soll«, wie es DIE ZEIT am 18. März 2024 formulierte. Zusammengenommen entsprechen allein die SpaceX-Satelliten der fünffachen Zahl aller Satelliten, die von 1957 bis 2019 ins All geschossen worden. Nicht umsonst ist Elon Musks Unternehmen heute der mit Abstand größte Satellitenbetreiber der Welt.
Und der bekannteste. Denn immer mehr Privathaushalte nutzen dieser Tage Starlink-Knotenpunkte, um kabellos ins Internet zu kommen. Dabei wird leider oft vergessen, oder verdrängt, dass Starlink und Starshield interoperabel sind und das von SpaceX betriebene, dual genutzte Satelliten-Netzwerk integraler Bestandteil des ominösen MILNET Programms der US Space Force ist – was wiederum bedeutet, dass auch NORAD (North American Aerospace Defense Command) Zugriff auf die Datenströme von Starlink und Starshield hat. Daraus folgt: Wer Starlink nutzt, kann seine Daten eigentlich auch direkt an Militär und Geheimdienste senden.
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Während Starlink-Satelliten die Erde in einer Höhe von 300 bis 550 Kilometer über dem Meeresspiegel umrunden, 260 Kilogramm wiegen, etwa 240 Zentimeter lang und 110 Zentimeter breit sind, werden »Low Earth Orbit« (LEO) und »Very Low Earth Orbit« (VLEO) – also alles unter 300 Kilometer Flughöhe – vor allem von sogenannten Picosatelliten genutzt. Die sind meist nicht größer als eine Tupperdose und wiegen zwischen 100 und 1.000 Gramm. Bereits im Februar 2010 berichtete die WELT von Nano- und Femto-Satelliten, die eine Kantenlänge von einem Zentimeter aufweisen, aus Mikrochips zusammengesetzt sind und »in Massen produziert und in Schwarmwolken geordnet im Weltraum eingesetzt werden« könnten.
Genau solche Pico-, Nano- und Femto-Satelliten produzieren heutzutage zum Beispiel WISeSat und deren Partner Fossa Systems. WISeSat ist ein Tochterunternehmen der WISeKey International Holding mit Sitz in Zug/Genf (Schweiz). In den Orbit transportiert werden die WISeSat-Satelliten von – welch eine Überraschung – SpaceX. Verkündet wurde diese Kollaboration im Dezember 2024. Kurz vor dem ersten gemeinsamen Start von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien am 14. Januar 2025. Bemerkenswert sind in Bezug auf WISeKey/WISeSat aber nicht primär die Picosatelliten oder die Zusammenarbeit mit SpaceX, sondern die Angebote im Bereich »Government Trust Solutions« sowie die mysteriöse Intransparenz des Unternehmens. Während WISeKey gerne neue Gesellschaften gründet – 2018 zum Beispiel die Wisecoin AG – und sich auf der Unternehmenswebseite als börsennotierter Marktführer in puncto »Quantum Security« mit 26 Jahren Marktpräsenz, 1,75 Milliarden installierten Chips, 3.000 Kunden und sechs Niederlassungen geriert, berichtete die NZZ am 19. Juli 2023 unter dem Titel »Wundertüte Wisekey« von »künstlich aufgehübschten Aktienkursen«. Einen Wikipedia-Eintrag sucht man für WISeKey/WISeSat ebenfalls vergeblich, was für ein Unternehmen dieser Art recht ungewöhnlich ist. Fossa Systems, den 2020 in Spanien gegründeten, deutlich kleineren und mit 765.000 Euro geförderten Start-up-Partner von WISeKey mit seinen 40 Mitarbeitern findet man nämlich bei der Online-Enzyklopädie.
Noch unsympathischer erscheint WISeKey/WISeSat, wenn man deren Portfolio für Regierungsdienstleistungen betrachtet. Unter »CertifyID Trust Center Platform« liest man dort zum Beispiel:
»Die CertifyID Trust Center-Plattform ist eine industrietaugliche Lösung für das eID-Management von Bürgern. Sie verwaltet Benutzer und deren Zugangsdaten, insbesondere digitale Ausweise und Zertifikate für groß angelegte Anwendungen wie landesweite E-Government-Dienste. Sie ist eine umfassende industrielle Public-Key-Infrastruktur und ID-Management-Lösung, die Behördendienste rund um die Uhr unterstützt. Die CertifyID Trust Center-Plattform wird in verschiedenen Anwendungen im öffentlichen Sektor eingesetzt, darunter: Personalausweis, eReisepass (ICAO-konform), Führerschein, Gesundheit, Wahlwesen. Die CertifyID-Plattform basiert auf der Expertise von WISeKey im Bereich Sicherheitsframeworks und Public-Key-Infrastruktur (PKI) und lässt sich vollständig in E-Government-Frameworks, kommerzielle Frameworks (…) und nationale E-Government-Services integrieren. Die Lösung umfasst alle wesentlichen Attribute und Funktionen des Zertifikatsmanagements, darunter: Online- und Offline-Registrierung, Online- und Offline-Identitätsprüfung, zentralisierte und dezentrale Verwaltung, (…) sichere Verwaltung des Lebenszyklus digitaler Zertifikate, Integration von Subsystemen für Massenkartenausgabe und -verwaltung, (…).«
Ein Blick auf die Vita des Mannes hinter dem Unternehmen legt nahe, für wen WISeKey/WISeSat die »CertifyID« anbietet. Denn der Gründer und CEO von WISeKey/WISeSat, Carlos Moreira:
»(…) verließ die Vereinten Nationen 1998, um WISeKey zu gründen (…). Geleitet von der Überzeugung, dass das Internet sicher und universell sowie ein Instrument für Wohlstand sein muss, begann er mit der Entwicklung von Technologien zum Schutz des Internets. Carlos engagiert sich als Gründer und Generaldirektor der Internationalen Organisation für sichere elektronische Transaktionen (IOSET) für zahlreiche gemeinnützige und philanthropische Aktivitäten. Er ist Gründungsmitglied des Comité de Pilotage Project E-Voting der Genfer Regierung, Mitglied des UN Global Compact, Mitglied des Global Agenda Council des WEF, Gründungsmitglied der WEF Global Growth Companies 2007, WEF New Champion 2007 bis 2016, stellvertretender Vorsitzender des WEF Agenda Council on Illicit Trade, Mitglied des Auswahlkomitees für Europa für die WEF Growth Companies, Gründer des Geneva Security Forums, Mitglied des WEF Global Agenda Council on the Future of IT Software & Services 2014–2016 und Mitglied des New York Forum.«
Irgendwie erinnert mich WISeKey an die Crypto AG, ein international tätiges Unternehmen im Bereich Informationstechnologie, das 1952 in Steinhausen (Kanton Zug, Schweiz) gegründet und 1970 heimlich vom deutschen Auslandsnachrichtendienst BND und der CIA gekauft wurde, um anschließend über Jahrzehnte hinweg gut 130 Staaten mittels manipulierter Verschlüsselungsgeräte auszuspionieren – bis das Komplott, das unter dem Decknamen »Operation Rubikon« lief, in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre aufflog und weltweit für Schlagzeilen sorgte.
Viel Zeit für die Unternehmensführung von WISeKey/WISeSat kann Carlos Moreira in Anbetracht seines »philanthropischen« Schaffensdrangs jedenfalls nicht mehr haben. Wahrscheinlich kümmern sich seine Kollegen an den sechs Firmenstandorten um die satellitengestützten Smart-Home-Sensoren, Smart-Meter-Chips, medizinischen Wearables und Drohnen-Kontrollchips, die das Unternehmen im Bereich IoT-Sicherheit offeriert.
Eines wird bei der Recherche in diesem Bereich jedenfalls schnell deutlich: Die Zukunft der Vollzeitüberwachung steht nicht in Form eines Masten irgendwo an der Straße oder auf einem Feld neben der Autobahn herum – sondern schwebt ein paar hundert Kilometer über uns.
Eigentlich nur logisch. Denn die rasant wachsende Satelliteninfrastruktur hat für den supranationalen Observationskorporatismus – alias Polizeistaat – zwei entscheidende Vorteile. Erstens: Wenn dieses interoperable Mesh-Netzwerk fertig ist, deckt es jeden Punkt auf dem Planeten ab. Entkommen oder verstecken gibt es dann nicht mehr. Zweitens: Im Orbit ist die Infrastruktur sicher vor den unmittelbaren Auswirkungen von Vandalismus, Naturkatastrophen oder militärischen Konflikten – was uns zum Titel des Essays führt. Denn beim Aufbau der VLEO- und LEO-Netzwerke geht es nicht ausschließlich um Breitbandinternet für alle, lückenlose Überwachung und »E-Government-Services«, sondern auch um »waffentragende Satelliten«. Um »Directed Energy Weapons« (DEW). Um eine orbitale Offensive.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors.
Fortsetzung folgt…
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